Warum konsumieren Menschen Rauschdrogen
Eine gesellschaftliche Betrachtung
Was sind die Gründe, warum Rauschdrogen bereits vor tausenden von Jahren angewendet wurden?
Stimulierende Wirkung
Seit jeher war der Wunsch nach Leistungssteigerung die Ursache für die Verwendung von Drogen. Man ist leistungsstärker als unter normalen Umständen und kann so die eigenen natürlichen Grenzen durchbrechen. Exemplarisch genannt seien die Wirkungen des Kokastrauches bei den Inkas, des Tees bei den alten Chinesen oder des in der arabischen Welt erschienenen Koffeins, das in Form von Kaffee als milde stimulierende Droge die Müdigkeit vertreibt und die schnelle, solide Gedankenbildung fördert. Wirklich populär wurde der Kaffee erst im Laufe des 16. Jahrhunderts, als türkische Soldaten auf ihren Feldzügen starken, mit einer Prise Opium aromatisierten Kaffee nach Europa brachten. Dieses „Heldenwasser“ vertrieb Müdigkeit und gab durch die Wirkung des Koffeins und den Zusatz von Opium zusätzliche Energie und Kraft. Obendrein betäubte es alle Angstgefühle. Besonders in Kriegszeiten waren stimulierende Drogen sehr populär. Während des Zweiten Weltkrieges wurden von allen Seiten hohe Mengen von „Kampfpillen“ konsumiert, die Ermüdung verhindern, Wagemut stimulieren und aggressives Verhalten auslösen. Die amerikanischen und britischen Soldaten Warum konsumieren Menschen Rauschdrogen Eine gesellschaftliche Betrachtung verbrauchten mehr als 150 Millionen Amphetaminpillen. Auch im Sport werden solche Mittel angewendet, um die Leistungen der Sportler künstlich zu steigern. Das Problem des „Dopings“ ist allgemein bekannt.
Drogen als Medizin
Seit Menschengedenken werden Rauschdrogen als Medizin eingesetzt. In der Arzneimittelkunde der Eingeborenen galten Halluzinogene als erstrangiges Heilmittel, die es sowohl dem Medizinmann als auch dem Patienten gestatteten, mit den Göttern und Dämonen in Verbindung zu treten. Bei den Naturvölkern gehörten sie zur festen Grundlage der medizinischen Versorgung. Auch in unserer Zeit werden Drogen als Medikamente verwendet. Opiate, Morphium und Heroin sind ausgezeichnete Schmerz- und Betäubungsmittel. LSD und andere Halluzinogene werden gelegentlich bei der Behandlung von traumatisierten Patienten eingesetzt. Weiterhin sind die unzähligen Schlafmittel zu nennen, die valiumartigen Beruhigungsmittel und Antidepressiva, die dazu dienen, den Konsumenten das Leben erträglicher zu machen. Auch ohne ärztliche Verordnung werden beispielsweise Heroin als Betäubungsmittel gegen Angst, Scham und Kummer, Alkohol zum Vertreiben von Sorgen, Speed und Kokain als Mittel gegen innere Passivität, Leere und Unsicherheit benutzt. Eine der wesentlichen Ursachen des heutigen Rauschdrogenkonsums ist die Selbstmedikation mit dem Ziel, unerwünschte psychische Verfassungen zu vertreiben bzw. erwünschte Zustände zu erreichen.
Selbst-Bewusstheit
Speziell Alkohol wurde seit jeher eingesetzt, um das menschliche Bewusstsein in einen Zustand zu bringen, in dem die Verbindung zu den Göttern wie abgeschnitten war. In Griechenland und in Kleinasien entstand beispielsweise der Dionysos-Kult, bei dem das Trinken auf Festen unter strengen Auflagen gepflegt wurde. Die Wirkung des Alkohols wurde in Gemeinschaft erfahren, nicht von Einzelnen, da diese sonst möglicherweise Vereinsamung und Schwermut anheimgefallen wären. Während dieser Feste wurden beispielsweise auch Gleichgewichtsübungen durchgeführt, bei denen man beweisen musste, dass man, gerade wegen des Alkohols, noch in der Lage war, seinen Körper zu beherrschen. Dies sollte den Menschen immer stärker in seinen Körper, in sein eigenes „Stückchen Erde“, hineinkommen lassen und ihm ein höheres Selbstbewusstsein vermitteln. Eine andere Methode, die zum selben Ziel führen sollte, war der exzessive Weingenuss. Es ging um das Erfahren des schmerzlich erhöhten Bewusstseins durch den Körper in Form eines gehörigen „Katers“. Durch den Alkohol erhielten die Menschen einen Ansto., sich immer stärker als eigenständige, individuelle Persönlichkeit zu erfahren. Das Loslassen der alten spirituellen Bande musste jedoch allmählich geschehen, weswegen der Alkohol zunächst auch streng limitiert wurde, damit er nicht zerstörerisch wirkte. Die unvorbereitete, ungesteuerte Anwendung von Alkohol hätte unaufhaltsam zum vorschnellen Zerbrechen der existierenden spirituellen und sozialen Strukturen geführt. Später ist dies auch eingetreten, als der Alkohol zum Beispiel den Ureinwohnern Amerikas und vielen afrikanischen Völkern aufgezwungen wurde, was aus den Aufzeichnungen von Albert Schweitzer deutlich hervorgeht.