Das menschliche Grundbedürfnis nach Rausch
Eine historische Betrachtung
Von allen Grundbedürfnissen ist das Bedürfnis nach Lustgewinn und Unlustvermeidung das offensichtlichste. Es ist der eigenen Selbstbeobachtung am besten zugänglich und die Grundlage, auf die sich alle anderen menschlichen Bedürfnisse zurückführen lassen. Der Gebrauch von Entspannungs- und Rauschdrogen gehört seit vielen Jahrtausenden zum menschlichen Verhalten.
In allen Kulturen wurden berauschende Mittel zu allen Zeiten und in all ihren erdenklichen Spielarten konsumiert.
Schon immer haben Menschen durch die Einnahme von psychoaktiven Substanzen die Möglichkeit wahrgenommen, ihre Befindlichkeit, Stimmung, Wahrnehmung, ihr Bewusstsein und ihre Leistungsfähigkeit zu beeinflussen. Sich also selbst chemisch zu manipulieren. Der Alkoholgenuss in Form von Bier ist seit mindestens 4000 Jahren bekannt. Ebenso die berauschenden Wirkstoffe der Hanfpflanze (Ausgangsstoff der Cannabisprodukte) und des Schlafmohns (Ausgangsstoff der Opiate). Diese und andere Drogen wurden zu vielfachen Zwecken genutzt und benutzt. Meist wurden sie als Heilmittel verwendet, um Schmerzen zu lindern, um gesund zu werden oder es auch zu bleiben. Manche Kulturen nutzten diverse Drogen auch bei religiös motivierten Ritualen zur Bewusstseinserweiterung. Ihre belebende, euphorisierende oder auch entspannende und dämpfende Wirkung machen Drogen sowohl zum Genuss- als auch zum Rauschmittel.
Zu bestimmten Gelegenheiten und Anlässen fanden sie stets Eingang in verschiedenste Bereiche der Lebens- und Alltagsgestaltung. Anders als heute jedoch waren die Anlässe und die Art der Verwendung, beispielsweise Getränkeart oder Trinkmenge, häufig durch strenge Traditionen oder klare Regeln vorgeschrieben und begrenzt. Im Kontext der Heilkunde oder bei religiösen Ritualen gehört die Manipulation der inneren Welt durch Rauschdrogen schon ähnlich lange zur menschlichen Kultur wie der Gebrauch von Werkzeugen zur Manipulation der äußeren Welt. Völlig rauschfreie Kulturen haben Anthropologen, bis auf eine Ausnahme, bisher nicht gefunden. Das Bedürfnis nach Rausch ist Teil des menschlichen Lebens. Räusche führen uns aus der Realität heraus, vermitteln neue Erlebniswelten und führen uns hin zu unbekannten Wahrnehmungsinhalten. Grundsätzlich sieht und beurteilt man die Welt nüchtern anders als im Rausch. Wir Menschen besitzen also die einzigartige Neigung, bewusstseinserweiternde Chemikalien ausfindig zu machen und selbst dann, wenn wir wissen, dass sie uns schaden können, an ihrem Gebrauch festzuhalten. Aber auch Tiere, wie beispielsweise in Freiheit lebende Menschenaffen, scheinen Rauschdrogen zu schätzen. Im Gegensatz zu uns Menschen lassen Menschenaffen ihr Leben jedoch nicht von der Sucht nach Drogen bestimmen.