Verhaltenssüchte und Suchtverhalten

Bei all der Aktualität um die Legalisierung von Cannabis und die permanente Verharmlosung des gesellschaftlich akzeptierten Nervengifts Alkohol, dürfen wir auf keinen
Fall eine weitere Form von Süchten vergessen – die Verhaltenssüchte.
Aus therapeutischer Sicht werden unter Verhaltenssüchten nicht stoffgebundene Abhängigkeitserkrankungen verstanden. Verhaltenssüchte werden auch stoffungebunden bezeichnet, da keine psychotropen Substanzen in irgendeiner Form eingenommen bzw. in den Körper gelangen und sich dann in entsprechender Form wie Euphorie, Gefühl der Stärke, Abbau von Hemmungen, Redseligkeit, Abnahme der Kritik- und Urteilsfähigkeit sowie erhöhter Risikobereitschaft zeigen.

Zu den Verhaltenssüchten gehören z.B. die Spielsucht (pathologisches Glücksspiel) und die Wettsucht, die Computerspiel-, Internet-, Online- und Mediensucht, die Handy- und Smartphonesucht, die Arbeitssucht, Kaufsucht und Sportsucht sowie die Porno- und Sexsucht. Das Messie-Syndrom kann ebenfalls zu den Verhaltensüchten gezählt werden.
Spannend und interessant zu wissen ist, das die Nikotin- bzw. Tabaksucht zu den stoffgebundenen Süchten zählt, sie an dieser Stelle dennoch kurz ihren Platz findet, da hier in der Therapie mit das Hauptaugenmerk darauf liegt, die Konsummuster und „Rauchgewohnheiten“ (Verhalten) zu ändern.

Vollkommen egal ob stoffgebunden oder stoffungebunden – alle Suchtformen und -arten haben gewisse Punkte gemeinsam, z.B. dem starken Wunsch oder das starke Verlangen, wir sprechen hier ggf. sogar von einem Zwang, einer schädlichen Verhaltensweise nachzugehen, dem Kontrollverlust, eine Toleranzentwicklung oder ein gestörtes Sozialleben.

Wichtig ist, das nicht alle Verhaltensweisen, die uns Menschen große Freude bereiten und exzessiv durchgeführt werden, gleich als süchtige Verhaltensweisen einzustufen. Um das abzuklären, kann das Gespräch mit einem Profi durchaus hilfreich sein.

Therapie und Co. – wie gut sind die Therapieaussichten?

Dazu gibt es keine pauschale Antwort. Denken wir zunächst einmal über das Annehmen der Sucht als Chance. Wichtig für eine zielorientierte Therapie ist die Frage, wie
groß die Bereitschaft des Betroffenen für eine positive Veränderung ist und wie hoch der persönliche Leidensdruck ist sowie die Entschlossenheit und der Wille, einen besseren und gesünderen Lebensweg einzuschlagen.

Therapie ist nicht gleich Therapie. Meiner Erfahrung nach funktioniert Therapie „von der Stange“ nur bedingt erfolgreich. Die Therapie sollte auf den Betroffenen so individuell wie möglich abgestimmt und angepasst sein – genauso individuell, wie der Betroffene mit seiner Erkrankung selbst auch ist.

Generell geht es in jeder Therapie hautsächlich um:
• Stärkung des Selbstwertes, Selbstbewusstseins, des Selbstvertrauens
• Selbst-Kompetenz Training
• Zeit- und Selbstmanagement, Zielsetzung
• Kompetenz im Umgang mit zwischenmenschlichen Beziehungen
• Umgang mit Konflikten und Problemen
• Ressourcenmanagement, Stressmanagement
• Mentale und emotionale Kontrolle (Gefühlsregulation)
• Rückfallprophylaxe

Nach der Sucht ist vor der Sucht

Sucht ist eine chronische Krankheit, bei der Rückfälle nicht selten sind. Selbst eine erfolgreich abgeschlossene Therapie bietet nie einen hundertprozentigen Schutz. Von daher genießt die Rückfallvermeidung (Rückfallprophylaxe) eine hohe Priorität im therapeutischen Kontext.

Selbst wenn das Ziel einer jeden Therapie die Abstinenz, also das Leben ohne Verhaltenssucht ist, so müssen durchaus ganz einfach umsetzbare Wege gefunden werden, mit der Situation eines Rückfalls entsprechend umzugehen. Der wichtigste Punkt ist und bleibt daher die Rückfallvermeidung.

Situationen, die mit einer hohen Rückfallgefahr verbunden sind, müssen daher konsequent vermieden werden. Hierzu gehört zum Beispiel der Besuch einer Spielhalle, Kontakt zu Betroffenen, die nicht spielfrei leben wollen und das Meiden jeglicher Onlineglücksspiele.

Rückfall muss keine Katastrophe sein

Trotz allerbester Vorbereitung kann es dazu kommen, dass Betroffene rückfällig werden. Ein Rückfall muss aber auch dann keine Katastrophe sein oder in einer solchen enden. Es gilt, einen kühlen Kopf zu bewahren und besonnen zu handeln. Wer im Vorfeld des Rückfalls dafür gesorgt hat, dass sein soziales Netz aus Familie, Freunden und Bekannten, Therapeut und Selbsthilfegruppe steht, kann sich jetzt Rat und Hilfe holen.

Prävention und Jugendschutz

Suchtverhalten kann man durchaus als das Ergebnis gescheiterter Problemlösekompetenzen verstehen. Daher bedeutet Suchtprävention, besonders für junge Menschen, mehr als nur das Wissen um Sucht und Drogen – sondern die Aufklärung und Information, die Selbstreflexion und Förderung des Bewusstseins, ebenso wie die Berücksichtigung anderer ressourcenorientierter Kompetenzen. Wem eine Bandbreite gesunder Wahlmöglichkeiten zur Verfügung steht, der kann auf adäquate Art und Weise lösungsorientiert handeln.

In der heutigen Suchtprävention steht die Aufklärung und Information rund um die Droge oder die Verhaltenssucht, insbesondere der verantwortungsvolle Umgang damit gar nicht im Focus, sondern vielmehr wie es zur Sucht kommt und was man letztendlich, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist, dagegen noch tun kann.

Daher ist es vor allem bereits bei der Kindererziehung unerlässlich, wenn die Erziehungsverantwortlichen ihren Teil dazu beitragen, dass schon von früh an das Wichtige getan wird, um die Lebenskompetenz des Einzelnen zu stärken.

Als Fazit möchte ich festhalten das Jugendschutz und Suchtprävention im Kinderzimmer ihr Basislager hat und somit eine Suchttherapie hoffentlich gar nicht mehr nötig ist. /ch

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