Sinn und Absicht einer Drogen-Suchtprävention

Unweigerlich drängt sich nun die Frage auf, inwieweit, bei aller Komplexität und Individualität des Menschen, als auch der Diversität verschiedensten psychoaktiven Substanzen, eine Prävention innerhalb dieses Aufgabenfeldes überhaupt Sinn ergibt.
Grundsätzlich macht eine gelungene Präventionsarbeit nur dann Sinn, wenn von einer optimistischen Sichtweise auf das menschliche Leben und gesellschaftliche Verhältnisse ausgegangen wird. Diese setzt die Grundüberzeugung voraus, dass sich die Lebensverhältnisse der Menschen als gestalt- und veränderbar erweisen lassen. Auch, dass davon auszugehen ist, dass die menschliche Vernunft in der Lage ist, sich selbst für zunächst schwierig anmutende Prozesse, die Fähigkeit zur Steuerung und Bewältigung zu bewahren. Die internale Kontrollüberzeugung sozusagen.

Prävention sollte insofern grundsätzlich für eine bejahende Weltsicht stehen, die den Menschen vor der Rolle eines Spielballs höherer Kräfte, und auch vor dem Betreten allermöglichen Fettnäpfe des Lebens bewahren möchte, also vorbeugend unterwegs ist. Insofern sollte davon ausgegangen werden, dass Prävention dem Menschen durchaus die Chance einräumt, die Rolle eines Akteurs und Lebensgestalters einzunehmen.
Ganz klar hängt das Ganze in seiner Praxis, in seiner zu hinterfragenden Absicht jedoch auch maßgeblich von der Ausgestaltung der jeweilig verfolgten Präventionsstrategie ab. Dabei wird darüber entschieden, ob die Risiken des Lebens einerseits über gesellschaftliches Handeln bewältigt, oder andererseits durch individuelle Handlungsempfehlungen sozialisiert werden können. Es taucht die weitere Frage auf inwieweit mittels Prävention auch Lebensbedingungen für den Menschen gestaltet und an bestimmte Bedingungen angepasst werden sollen.

Die Lösung liegt heute eher in einer sich selbst erziehenden Menschheit, dort wo die individuellen Möglichkeiten zu wachsen scheinen. Dort wo Wissen und Bildung zunehmen, dort wo sich die Wählbarkeit von Verhalten ausweitet, wo Verschiedenheit und Individualität als eigentlicher Reichtum anerkannt werden.

In Hinblick auf die wachsende Individualisierung, als auch Pluralisierung unserer Gesellschaft kommen neueste Präventionsstrategien nicht mehr weiter umher gewissen Werten, wie beispielsweise Autonomie, Freiheit, Selbstbestimmung, Offenheit, Akzeptanz und Toleranz einen ganz besonderen Stellenwert einzuräumen. Wer lässt sich schon gerne bevormunden? Zunehmend wächst das Bedürfnis der Menschen sich eben nicht mehr durch irgendwelche Instanzen zurechtweisen lassen zu wollen. Auch wenn die dahinterliegende Absicht im Zweifelsfall wirklich ehrbar sein sollte.

Bei der Beschäftigung mit adäquaten und praktikablen Präventionsstrategien kommt heute keiner mehr an der Frage nach den damit verbundenen Menschenbildern und Lebensrealitäten vorbei. Der Mensch im Fokus ist das was zählt. Es gilt eine Wende weg vom Expertenstatus hin zu einer Bedürfnisorientierung vorzunehmen! Statt den Men- schen weiterhin und zunehmend vorschreiben zu wollen, wie sie ihr Leben unter vielerlei Verzicht zu leben haben, gilt es sie dabei individuell zu supporten, zu unterstützen, durch-zu-guiden, ein für sie, und gemeinsam mit ihnen erarbeitetes, praktikables und positives Lebenskonzept zu generieren.

Dafür bedarf es vor allem zeitgemäße, lebensnahe und realistische, differenziert betrachtete Kenntnisse über die Arbeits-, Lebens-, und Umweltbedingungen der Menschen, ihre Motivatoren, Antreiber und Bedürfnisse. Genauso aber auch individuelle Hintergründe zu sozialen, und gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen, Ungleichheiten, Trends und politischen Marschrichtungen.
Es müssen weiter Programme geschaffen werden, welche sich auf die jeweils vorhandenen biopsychosozialen Bedingungen der Protagonisten beziehen können. Um auf diese Art die Relevanz möglicher Bedrohungen, aber auch die Notwendigkeiten und den Umfang des präventiven Wirkens individuell und bedarfsgerecht differenziert abwägen zu können.

Unter dem Terminus Sucht-Prävention müssen wir heute lernen zu akzeptieren, dass die Gewichtung zur Beurteilung gewisser Drogen-Gefahren maßgeblich in der Kompetenz derer liegt, die innerhalb einer meist schon in der dritten ggf. auch rauschdrogenkonsumierender Eltern-Generation aufwachsen sind, die diesen „Umständen“ ausgesetzt sind. Jeder Fünfjährige kann heute beispielsweise irgendeine Assoziation zu einem Cannabis-Blatt herstellen!

Allein von der aufzuklärenden „Zielgruppe“ selbst kann das Bedürfnis, und auch die Notwendigkeit, zur möglichen präventiven Arbeit und deren beinhalteter Verhaltensaufforderungen sachgerecht beurteilt werden. Statt externer gilt es die intrinsische Motivation zur Teilnahme an präventiven Maßnahmen zu wecken!

Selbst bei aller guten Absicht zur Gestaltung menschlicher Lebensbedingungen birgt dies immer auch die Gefahr in sich, dass reine Prävention, so wie oben beschrieben, bei allem Rationalismus und infolge zunehmender Autonomiebestrebungen der Menschen nur einen kleinen Einfluss, ggf. zur Schadensminimierung auf deren konkretes Handeln haben kann.

Zu respektieren gilt es weiterhin, dass trotz aller „Gefahrenlage“ einige der anzu-trigger-nden Gruppen nur begrenzt oder überhaupt nicht für suchtpräventive Maßnahmen zugänglich sind. Solange diese alt bekannte Leier der ewig Gestrigen, die schon in der Klassenzimmern deren Großeltern durch staatliche Organe runterdoziert wurde weiter gespielt wird, braucht es nicht zu verwundern, dass viele weder den Willen noch die Fähigkeit entwickeln wollen, einem Sucht-Präventions-Regime zu folgen.

Wir müssen, gerade in der Suchtprävention, weg von diesem auf Abschreckung und Verboten aufgebauten Duktus eines teilweise machtbesessenen anmutenden elitären Herrschaftsverhältnis irgendwelcher Experten und Gutmenschen, die fern ab jeglicher Lebensrealität agieren! /rb

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